Theater Winkelwiese ZH | Schlachthaus Theater BE | Chinin
Gaël Roth hat mit seinem Stück die Jury der Dürrenmatt-Mansarde Stiftung überzeugt. Die Inszenierung ist in Zürich, Bern und Baden zu sehen und überzeugt bestimmt auch das Publikum.
Das Stück
Eine Besatzungsmacht verlässt von einem Tag auf den anderen die Insel, weil der dort ausgebeutete Rohstoff Erdöl in anderen Weltgegenden billiger zu fördern ist. Nach Jahren des vergeblichen Befreiungskampfs ziehen die Rebellen in die Stadt ein. Über Nacht werden sie plötzlich zu Helden. Die Wut der Bevölkerung über das während der Besatzungszeit erfahrene Leid entlädt sich. Es beginnt eine Jagd auf echte und vermeintliche Nutzniesser des Systems. Alte Wunden brechen auf, offene Rechnungen werden beglichen, man verrät andere, um die eigene Haut zu retten. Im Zentrum des Geschehens stehen eine Frau, die mit einem Besatzungssoldaten ein Kind gezeugt hat, sowie drei Männer, die um Macht, Anerkennung und eine Liebe kämpfen, die alle auf tragische Weise miteinander verbindet und gleichzeitig für immer trennt.
Postkoloniales Trauma
Mit ihrem neuen Projekt «Chinin» zeichnen der Autor Gaël Roth und die Gruppe FAX AN MAX das Psychogramm eines postkolonialen Traumas. Dabei richtet «Chinin» den Blick auf die privaten Beziehungen zwischen Opfern und Tätern, welche sich in einer plötzlich veränderten Situation, in einer Phase der Anarchie und Unsicherheit wiederfinden und neu begegnen. Gaël Roth betont das Archetypische, das in der szenischen Konfrontation der Figuren sichtbar wird. Die Insel steht in «Chinin» für einen Mikrokosmos, der die Folgen der Ausbeutungsstrategien eines brutalen Machtsystems spiegelt. Nach dem Abzug der Besatzungsmacht ist die entkolonialisierte Gesellschaft mit Fragen der Neuordnung und Identitätssuche konfrontiert.
Die Jury überzeugt
«Chinin» entstand in Zusammenarbeit mit der Berner Stiftung Dürrenmatt-Mansarde. Diese hatte 2011 zum ersten Mal einen Stückauftrag ausgeschrieben, der sich an Autorinnen und Autoren richtet, die bereits mindestens eine Uraufführung eines eigenen Stücks durch ein professionelles Theater sowie die Vernetzung mit Produktionsgruppen nachweisen können. Die Jury hat die Eingabe von Gaël Roth als das interessanteste der eingegebenen Projekte beurteilt, mit einer ausgezeichneten Ausgangslage, bemerkenswerter inhaltlicher Dringlichkeit, guten ersten Konkretisierungen und einem starken formalen Gestaltungswillen.