CH-Kino | Bill - Das absolute Augenmass
Die “Semaine de la Critique” ist Jahr für Jahr die Sektion des Filmfestivlas Locarno mit besonders sehenswerten Filmen und grossem Publikumsaufmarsch. “Bill – das absolute Augenmass” des Regisseurs Erich Schmid wusste auf jeden Fall zu gefallen.
Der Film: Max Bill, 1908 in Winterthur geboren, starb 1994. Er war Hochschullehrer und Politiker, Gestalter (Designer), Architekt und Künstler. Sechs Jahre lang hat der Journalist und Filmer Erich Schmid über Bill recherchiert und dabei 185 Stunden Filmmaterial gesammelt. Er selbst lebt seit 1997 im “bill haus” Zumikon, und ist seit 1998 mit der Witwe Bills, der Kunsthistorikerin Angela Thomas, verheiratet. Sie übernimmt im Film die Rolle der Mittlerin, der Augenzeugin und Partnerin. Schmids Porträt ist eine Reise in eine unbekannte Biographie, dokumentiert die Vielseitigkeit, das Engagement und die Visionen Max Bills: Er studierte im Bauhaus Dessau, beteiligte sich am kulturellen Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland und realisierte den Bau der Hochschule für Gestaltung Ulm, an der er sechs Jahre als Rektor tätig war. Der Film erinnert an Zeichnungen, Plastiken und Skulpturen (z.B. “Unendliche Schleife”), an Bilder und Bauten (Radiostudio Zürich, Wohnhaus und Atelier in Zumikon). Aber auch den politischen Ambitionen und dem gesellschaftlichen Umfeld wird Raum eingeräumt. Bill wurde 50 Jahre lang polizeilich observiert. In den Dreissigerjahren büsste man ihn, weil er den Journalisten und Antifaschisten Alfred Thomas bei sich in Zürich-Höngg versteckt hatte. Thomas wurde als illegaler Emigrant denunziert und ausgeschafft. Bill gehörte von 1967 bis 1971 dem Nationalrat an (parteilos), engagierte sich für den Umweltschutz und bei der Anti-Atomkraft-Bewegung. All diese Facetten findet Eingang in “Bill – das absolute Augenmass”. Ein Film, der – anlässlich des 100. Geburtstages von Max Bill am 22. Dezember 2008 – zur Wiederentdeckung einlädt.
Der Regisseur: In Frauenfeld 1947 geboren, begann Erich Schmid 1974 mit seiner journalistischen Tätigkeit in Zürich, u.a. als Journalist und Reporter beim Tages-Anzeiger (1976 bis 1986) und bei der WochenZeitung. Seinen ersten Videofilm realisierte er 1988 (“Indischer Frieden in Sri Lanka”). 1986 erschien sein Buch “Verhör und Tod in Winterthur”, das Richard Dindo 2002 als Grundlage für den gleichnamigen Dokumentarfilm diente. Schmid war Drehbuchautor. Seine Arbeiten “Er nannte sich Surava” (1995) und “Meier 19” (2001) waren jeweils die erfolgreichsten Schweizer Dokfilme ihres Jahrgangs. “Meier 19” wurde im Rahmen der Filmkritikerwoche in Locarno uraufgeführt.