Kino | Three Monkeys
Ein tragischer Unfalltod, politische Avancen, ein herzlich wenig funktionierender Familienbund, Geldsorgen und Zukunftsängste prägen dieses Drama, das so ziemlich auf Effekthascherei verzichtet.
Synopsis: Der türkische (hohe) Politiker Servet überfährt zur nächtlichen Stunde im wohl übermüdeten Zustand einen Mann. Dieser stirbt darauf hin und Servet ist nun in einer Zwickmühle, befindet er sich doch inmitten eines Wahlkampfes. Erfährt die Öffentlichkeit von dem Unfall, ist seine politische Karriere dem Tod geweiht. Das schreckliche Unglück wurde zwar von keiner Menschenseele gesehen, jedoch fährt kurz darauf ein älteres Paar vorbei, das sich seine Autonummer notiert hat. Servet wäre aber nicht ein «erfahrener Politdinosaurier», wenn er diese Aufgabe nicht meistern könnte. Unerschrocken und eiskalt überträgt er die Schuld seinem eigentlichen Fahrer Eyüp. Dieser kriegt als Gegenleistung nach Absitzen der Haftstrafe eine ordentliche Stange Geld. Während dem Gefängnisaufenthalt kommt sein Sohn Ismael in den Genuss seines regelmässigen Chauffeurlohnes. Es scheint als seien alle Parteien auf mehr oder weniger gute Art zufrieden. Doch Sohn Ismael gerät auf Abwege, seine Mutter Hacer versucht ihm zu helfen und braucht dafür einen monetären Vorschuss von Servet. Der – gegen eine Gegenleistung amouröser Natur – leistet diesen, doch als Eyüp in die Normalität zurückkehrt, sind die Konflikte kaum mehr zu bändigen.
art-tv-Wertung: Dieses türkische Familiendrama ist äusserst intensiv. Analog den drei Affen («Three Monkeys») im Filmtitel, die sich Augen, Ohren und Mund verdecken, scheinen auch die drei Hauptdarsteller – Mutter (Hatice Aslan), Sohn (Ahmed Rifat Sungar) und Vater (Yavuz Bingöl) – nicht fähig zu sein, normal zu kommunizieren. Die Spielfilmzeit hindurch ist es vor allem das latente Gefühl, dass jede Sekunde etwas extrem Gewalttätiges passieren könnte, das einem einen kalten Schauer überträgt. Es wird wenig gesprochen, trotzdem aber Einblicke in eine (für die meisten Schweizer) völlig fremde Kultur offeriert. Das ist spannend, eben neu und teilweise sogar fies harsch. Kahle Szenerien und wenige bis keine Effekthaschereien drücken dieser Produktion einen wohlwollenden Stempel auf. Das ist insofern positiv zu sehen, weil damit eine angenehme Natürlichkeit einhergeht, die im Filmuniversum nicht oft zu sehen ist. Diese Natürlichkeit rührt zu gewissen Teilen auch daher, dass die Schauspieler positiv zurückhaltend agieren. Ab und an neigt der Regisseur Ceylan leider doch zur Übertreibung, gerade dann, wenn etwa Gefühlsduseleien mit Wettergeschehnissen zu sehr versinnbildlicht werden. Auch wenn das Ende irgendwie zu rasch eingeläutet wird und zudem lasch daherkommt, ist es trotzdem ein sehenswerter Film geworden.
Cyril Schicker