Kino | Giulias Verschwinden
Wer setzt sich hier nicht mit dem Alter auseinander? Das Alter wird diskutiert und lamentiert, und am Ende amüsiert man sich trotzdem.
Synopsis: Giulia (Corinna Harfouch) ist auf dem Weg zu ihrem 50. Geburtstagsessen. Die Freunde (ein Schwulenpaar, ein Ehepaar und ein jung gebliebener Freizeitboxer) sind schon im Restaurant eingetroffen und sprechen über das Alter und was es so mit sich bringt. Giulia lernt von einer älteren Dame im Bus, dass alte Menschen unsichtbar werden – und fühlt sich plötzlich mit eingeschlossen. Sie steigt aus und geht in Kleidergeschäfte, um sich abzulenken. Beim Anprobieren von Sonnenbrillen lernt sie einen charmanten Herr aus Hamburg (Bruno Ganz) kennen, der sie wieder «sichtbar» macht. Gelöst erscheint sie an ihrer Geburtstagsparty, um die Kerzen auszublasen und versöhnliche Kuchenstücke zu verteilen. Stars: Zwei bekannte Gesichter vom Film «Der Baader-Meinhof-komplex» (Sunnyi Melles, Teresa Harder), eine ernste Corinne Harfouch und Bruno Ganz («Der Vorleser» 2008, «The Dust of Time» 2008) bieten ein elegant lockeres Spiel. Regie & Crew: Der Schweizer Regisseur Christoph Schaub («Happy New Year» 2008, «Jeune Homme» 2006) widmet sich in diesem Film dem gesellschaftlichen aktuellen Thema des Älterwerdens. Giulias Verschwinden ist die Verfilmung eines Romans von Martin Suter.
art-tv-Wertung: Ja, es ist ein leidliches Thema: wir werden alle älter! Die Frage ist, wie man ein solches Thema angeht und mit welchen Untertönen. Da das Durchschnittsalter in Mitteleuropa auf über 80 Jahre gestiegen ist, ist es sicher ein brisantes Thema; in diesem Film ist es vor allem Ausdruck einer egomanen Wohlstandskultur. Während sich die Komödie um einen dynamisch spritzigen Ton bemüht, überwiegt der schmerzliche Gram zynischer Wort-Duelle. Auch die Tortenschlacht im Altersheim kann den Zuschauer nicht ganz vom Blick auf die Uhr abhalten. Der Schluss ist immerhin versöhnlich. Fazit: Diese bitter-zynische Komödie über das Älterwerden bringt den Zuschauer zum Schmunzeln oder Stirnerunzeln und ist sicher etwas für begeisterte Martin Suter- Leser.
Isabel Rohr