Kino | Humpday
Was geschieht, wenn sich zwei Jugendfreunde in Trunkenheit auf ein Mann-mit-Mann Experiment einlassen? Es entsteht ein Buddy-Movie sondergleichen.
Synopsis: Für Ben (Mark Duplass) sind die wilden Tage auf dem Campus schon lange Geschichte. In glücklicher Ehe und mit solidem Einkommen steht er mitten im Leben. Sein bester Freund Andrew (Joshua Leonard) schlägt derweil als Weltenbummler einen anderen Weg ein. Als Andrew überraschend bei einem nächtlichen Besuch an Bens Türe klingelt, fallen sie schnell wieder in die Muster aus der Collegezeit zurück. Während einer feuchtfröhlichen Party beschliessen sie am berüchtigten Humpfest, einem Amateurpornofestival, teilzunehmen. Die Idee hierfür lässt nicht lange auf sich warten: Die Heteros wollen sich beim gemeinsamen Sex filmen lassen. Dieses homoerotische Experiment übersteigt alles, was sie bislang getan haben. Stars: Sowohl Joshua Leonard als Jack Kerouac-Verschnitt, als auch Mark Duplass als Alternativ-Vorzeigeehemann bestechen und amüsieren gleichwertig mit ihrem alltagsnahen Schauspiel. Regie & Crew: «Humpday» ist der dritte Spielfilm von Regisseurin Lynn Shelton. An den diesjährigen Filmfestivals in Cannes und Sundance erhielt sie je einen Preis, darunter den «Special Jury Award».
art-tv-Wertung: In seiner Authentizität schlägt «Humpday» sämtliche schlüpfrige Teenage-Boy-Komödien über Längen. Natürlich flankiert Shelton mit der Themenwahl die homosexuelle Schiene, die sich derzeit wiederkehrend auf der Leinwand auslegt (z.B. «I Love You, Man», 2009), doch sie tut das mit einer Ernsthaftigkeit, sodass nach der Visionierung die bescherten Denkanstösse bestehen. «Humpday» beschreibt eine Situation, die wirklich passieren könnte. Es ist ein Film über eine Männerfreundschaft und deren Grenzerfahrungen mit der eigenen Sexualität. Indem genügend Raum für selbstreflexive Kommentare zur Lebenssituation der Charaktere offen gehalten wird, verliert der Film nie an Niveau und kann die Konfrontation mit der sexuellen Identität, die für die Freunde die grösste Angst darstellt, gewandt ausspielen. Die Dialoge um das mutwillige Experiment sind gleichermassen von humoristischer und todernster Natur – eine hervorragend gelungene Symbiose. Fazit: Eine geschickte Ermittlung der männlichen Intimgrenze verpackt in einer aberwitzigen Komödie mit Tiefgang.
Martina Felber