Kino | Troubled Water
Das bewegende Drama «Troubled Water» erzählt von einem großen Fehler im Leben eines jungen Mannes – und von seiner Unsicherheit darüber, wie er ihn wieder gut machen kann.
Synopsis: Thomas (Pal Sverre Valheim Hagen) verbrachte acht Jahre im Gefängnis, weil er einen kleinen Jungen ermordet haben soll. Nach seiner Entlassung bekommt er eine Anstellung als Orgelspieler in einer Kirche. Durch die Musik lenkt er sich ab – sie hilft ihm eine Vergangenheit zu verarbeiten, die er nicht mehr abschütteln kann. Auch die langsame Annäherung an die Pastorin Anna (Ellen Dorrit Petersen) und das Vertrauen, dass ihr Sohn ihm entgegenbringt, lässt in Thomas die Hoffnung auf eine zweite Chance und damit auf ein neues Leben wachsen. Aber als die Beziehung intensiver wird, verschwindet plötzlich Annas Sohn, während Thomas ihn im Kindergarten abholt. Die schrecklichen Ereignisse von damals scheinen sich zu wiederholen. Stars: Pal Sverre Valheim Hagen, der in Norwegen als talentierter Theaterschauspieler gilt, ist wohl die beste Besetzung für die Rolle des Thomas: er besitzt die Schüchternheit und Vorsichtigkeit ebenso wie die verwegen-bedrohliche Introvertiertheit eines Menschen, der im Knast saß. Regie & Crew: Erik Poppe vollendet mit «Troubled Water» seine Oslo-Trilogie («Schpaaa» 1998, «Hawaii, Oslo» 2004). Wie schon die beiden ersten Filme, gewann auch «Troubled Water» eine Reihe internationaler Auszeichnungen.
art-tv-Wertung: Hat dieser zurückhaltende, junge Mann tatsächlich ein Kind umgebracht? In Rückblenden sehen wir Thomas’ Erinnerungen an jenen Tag – lange bleibt unklar, was damals tatsächlich passiert ist. Seine erste Begegnung mit Annas Sohn, der dem getöteten blonden Jungen frappierend ähnelt, schockiert Thomas. Seine Zeit im Gefängnis hat ihn mürbe gemacht, eine grosse Unsicherheit frisst ihn buchstäblich auf. In den Szenen, die den Hauptdarsteller einsam und nachdenklich zeigen, entfaltet «Troubled Water» seine größte Stärke. Um die Beklommenheit zu zeigen, benutzt Poppe unscharfe Bilder und lange Nahaufnahmen – im Wesentlichen konzentriert er sich auf Emotionen, Gedanken, Innerlichkeit. Dieses Sujet macht «Troubled Water» zu einem sanft erzählten Film vom Zweifeln eines Menschen, der einen großen Fehler im Leben begangen hat und nicht weiß, ob und wie er ihn wieder gutmachen kann. Der Perspektivwechsel in der zweiten Hälfte des Films ist äußerst klug: die Geschichte aus Sicht der Mutter des Jungen (Trine Dyrholm), deren Welt damals von einer Sekunde auf die nächste zusammenstürzte, berührt in ihrer unglaublichen Traurigkeit – und verwirrt, weil man zuvor bereits mit Thomas mitfühlte. Geschickt versteht es Poppe beide Charaktere so miteinander zu verknüpfen, dass ihre Ängste gleichermaßen nachvollziehbar werden. Unterstützt wird dies durch eine großartige Besetzung, die durch schauspielerische Hingabe glänzt. Fazit: Ein ruhiges, beklemmendes und vor allem herausragend gespieltes Drama.
Maximilian Haase