Kino | Eyes Wide Open
Haim Tabakman präsentiert ein eindringliches Drama über die Ächtung homosexueller Liebe in der jüdisch-orthodoxen Gesellschaft.
Synopsis: Der jüdische Familienvater Aaron (Zohar Strauss) öffnet die Metzgerei seines verstorbenen Vaters neu; damit braucht er auch einen neuen Mitarbeiter, und der spaziert in Form des schönen Studenten Ezri eines Morgens in den Laden. Zwischen den beiden entwickelt sich eine Freundschaft und glühende Leidenschaft. Aaron beginnt, seine Familie immer mehr zu vernachlässigen und die Leute fangen an, Hetzreden gegen ihn zu schwingen. Bald muss Aaron sich vor der orthodoxen Gemeinschaft verantworten, und Auswege sind nicht in Sicht. Stars: Zohar Strauss («Things Behind The Sun» 2006) spielt mit Aaron einen vielschichtigen und tiefen Charakter. Ran Danker («Restless» 2008), ein Idol in der israelischen Popwelt, spielt eindringlich und spart nicht mit seinen Reizen. Regie & Crew: Der junge israelische Regisseur Haim Tabakman bringt mit «Eyes wide open» ein überzeugendes Spielfilmdebut, das auch in Cannes auffiel.
art-tv-Wertung: Die jüdisch orthodoxe Gemeinschaft ist bestimmt nicht ein einfaches Umfeld für eine homosexuelle Beziehung. Wie bei anderen männlich dominierten Gesellschaften sind Männer- und Frauenwelten ausser im trauten Heim streng getrennt. Es gibt also viele Männerfreundschaften; nur darf es natürlich nicht mehr sein! So gesehen haben die zwei Freunde anfangs ihrer Beziehung einen guten Deckmantel, selbst bei religiösen Aktivitäten. Haim Tabakman zeigt gut, wie irgendwann der entscheidende Punkt kommt, wo die Beziehung der Liebenden zu viel Platz einnimmt, und daher auffällt und nicht mehr verschwiegen werden kann. Es ist sehr tragisch zuerst mitzuverfolgen, wie zwischen den beiden Männern eine leidenschaftliche, aber feinfühlige Liebe entsteht, und wie diese dann von der durch und durch dogmatischen Gemeinschaft als unakzeptierbar verurteilt wird. Aaron versucht sich dem Rabbi zu erklären: «Ich war tot. Und jetzt lebe ich.» Genau dieses Gefühl bekommt der Zuschauer stark vermittelt. Fazit: Eine verbotene Liebe zwischen zwei Männern rennt gegen die Mauern der orthodoxen Gemeinschaft an; zurück bleibt viel Herzensblut.
Isabel Rohr