Kino | Xenix Mai
Diesen Mai widmet das Xenix der einflussreichen Arbeit von Truffaut und Godard, Begründer der Nouvelle Vage.
Programmvorschau Mai 2010
1959–1973: Les femmes selon Godard et Truffaut
Dreissig Jahre jung, revolutionieren Jean-Luc Godard und François Truffaut in den Sechzigerjahren an vorderster Front das französische Kino: Mit je eigenen Visionen, einer unbändigen Vitalität und Verspieltheit inszenieren sie auf der Leinwand die Liebe und die Frauen in Zeiten des gesellschaftlichen Umbruchs. So thematisieren die beiden in ihren Filmen der Sechzigerjahre immer wieder das Begehren, das Verliebtsein, die offene Dreiecksbeziehung, die Amour fou, den Seitensprung – Dinge also, die sie selber direkt betreffen und die sich im Zuge der sich über den Kreis der bohème ausweitenden sexuellen Moderne veränderten. Und sie arbeiten mit unwiderstehlichen Schauspielerinnen wie Catherine Deuneuve, ihrer Schwester Françoise Dorléac, Jeanne Moreau oder Claude Jade zusammen, und sie entdecken Jean Seberg und Anna Karina.
François Truffaut (geb. 1932) wird von André Bazin, Filmkritiker, Filmtheoretiker und späterer Chefredaktor der «Cahiers du Cinéma», vor der Einweisung in eine Besserungsanstalt bewahrt. Aufgewachsen ist Truffaut als «ungeliebtes, ignoriertes Kind», das sich in literarische und früh auch in kinematografische Welten rettete. Jean-Luc Godard (geb. 1930), der eine wohlbehütete Kindheit in einer reichen protestantischen Familie aus der Schweiz erlebt hat, beginnt in den Vierzigerjahren für die «Revue du cinéma» erste Kritiken zu schreiben, die jedoch nie erscheinen. Die beiden Vielleser und Filmenthusiasten verbringen in dieser Zeit Tage und Nächte in Pariser Filmclubs und in der Cinémathèque française. 1949 publiziert Godard einen ersten Text über das russische Kino in «La Gazette du cinéma», 1950 Truffaut über «La règle du jeu» im Programmheft des Ciné-Club Quartier Latin. In den eben gegründeten «Cahiers du cinéma», dem künftigen Hort der Nouvelle Vague, verteidigen sie geliebte Filme, polemisieren gegen andere und begründen die Autorentheorie mit: Die persönliche Handschrift eines Films und sein Stellenwert innerhalb eines Gesamtwerks entscheiden über die wahre Meisterschaft eines Regisseurs. Cineasten sind sie bereits, sie stehen vorerst aber noch vor der Kamera (Godard) oder assistieren bei Projekten anderer (Truffaut), doch sie brennen darauf, eigene Filme zu drehen. Nach ersten Kurzfilmen begründen sie schliesslich mit «Les quatre cents coups» (1959) und ein Jahr später mit «À bout de souffle» ein neues, unbändig direktes, persönliches Kino. In den folgenden Filmen verweisen sie auf die Werke des anderen, gehen aber bald ihren je eigenen Weg, bis sie nach der Uraufführung von «La nuit américaine» (1973) in einem gehässigen Briefwechsel miteinander abrechnen.
Erstaunlicherweise wird die alte Diskussion unter Cinephilen, wer nun wohl der bessere Filmemacher sei, auch in diversen Blogs bis heute weitergeführt. Unsere Filmreihe stellt in 27 Werken die beiden Jungtalente und Romantiker einander gegenüber und ermöglicht so einen direkten Vergleich.
Schwarze Balkankomödien (1980-2008)
Filme wie «Underground» oder «Chat Noir, Chat Blanc» sprühen von einer unbändigen Lebenskraft. Mit tiefschwarzem Humor wird in diesen überbordend üppigen und musikgeladenen Filmen auch widrigsten Umständen getrotzt. Ist das aber lediglich die Handschrift von Emir Kusturica, oder zeigt sich hier ein Phänomen, das sich auch in anderen Werken aus dem geografischen Raum des (ehemaligen) Jugoslawien findet? Dieser Frage gehen wir mit unserem Balkanprogramm nach. Tatsächlich weisen nicht nur die wichtigsten Filme und Kultklassiker der Achtzigerjahre wie «Ko to tamo peva» (Wer singt denn da?), «Maratonci trce pocasni krug» (The Marathon Family) und «Balkanski spijun» (Balkan Spy) einen abgründigen Balkanhumor auf, Spuren davon finden sich auch in aktuellen Komödien aus Serbien, Bosnien-Herzegowina, Mazedonien und Kroatien.
Das Programm ist in eine Gemeinschaftsproduktion des Kino Kunstmuseum, des Kino Xenix und des Stadtkino Basel entstanden, und wird in allen drei Städten gezeigt.
Nocturne: Mulholland Drive – der beste Film aus den Jahren 2000–2010
Die sechzehn RedaktorInnen der «Cahiers du cinéma» haben «Mulholland Drive» zum besten Film des letzten Jahrzehnts gewählt. Tatsächlich weckt dieser mysteriöse Thriller mit seinem erotisch melodramatischen Schauder und nach allen Seiten offener Erzählung beim Wiederschauen erneut die Lust, die gestellten Rätsel zu lösen.
Dokfilm: Premiere Oceanul Mare
Katharina Copony schildert in ihrem Dokumentarfilm «Oceanul Mare» (Grosser Ozean) den Lebensweg von drei chinesischen ImmigrantInnen, die Anfang der Neunzigerjahre nach Bukarest gekommen sind. Präzise fängt sie die urbane und soziale Realität der AsiatInnen in einem Land ein, das für sich genommen bereits von verschiedenen kulturellen Einflüssen an der Schnittstelle von Okzident und Orient geprägt ist. Der Film wurde 2009 mit dem 3Sat-Dokumentarfilmpreis für den besten deutschsprachigen Film ausgezeichnet. Aus der Begründung der Jury: «Bei ‹Oceanul Mare› korrespondieren in bestechender Weise formale Strategien und thematischer Zugang. Eine herausragende Gegenwartsreflexion, die gleichwohl Zukunftsperspektiven öffnet.»
Kinderkino: Das kleine Gespenst
Curt Lindas witziger behutsamer Zeichentrickfilm «Das kleine Gespenst» basiert auf dem gleichnamigen Kinderbuchklassiker von Otfried Preussler: Auf der Burg Eulenstein haust seit uralten Zeiten ein kleines weisses Gespenst. Seit langem träumt es davon, einmal im Leben die Welt bei Tageslicht zu sehen.
1. Mai im Xenix
Das Xenix nimmt im Jubiläumsjahr mit einem speziellen 1.-Mai-Programm eine alte Tradition wieder auf. In zwei Vorstellungen zeigen wir: «Ein Werktag» (Schweiz, 1937) von Richard Schweizer und «Workingman’s Death» (Österreich/Deutschland 2004) von Michael Glawogger. Die beiden Filme schildern in zwei verschiedenen Epochen das Schicksal von Arbeitern und Arbeiterinnen.
30 Jahre Xenix: Das Fest am Freitag, 28. Mai 2010
Die Feste auf dem Kanzleiareal sind legendär und auch dreissig Jahre Xenix wollen gefeiert werden: mit einem Blasio-Universum zum Gumpen für Kinder (ab 15.00 Uhr), mit Sirup-und Nostalgie-Bar, mit Musik: Stärneföifi (17.00 Uhr), Cat Vulcano (20.00 Uhr) und Big Zis (22.00 Uhr), mit Tombola, Essen und Trinken und mit Gratiskino: Vorpremiere des Kinderfilms «Das Grosse Rennen» (19.00 Uhr) und in der Nocturne «Chat Noir, Chat Blanc» (24.00 Uhr).