Kino | Allt Flyter
Midlife-Crisis im Badekleid: Synchronschwimmende Männerclique geht auf T(a)uchfühlung.
Synopsis: Auf einen Schlag muss der frisch entlassene Journalist Fredrik (Jonas Inde) einiges einstecken. Seine Exfrau zieht der Karriere wegen nach London und überlässt ihm seine aufsässige Tochter Sara (Amanda Davin). Zu all dem muss noch sein geliebtes Hockeyteam den Trainingsplatz abtreten. Als die sieben Kumpels aus Jux heraus als Synchronschwimmer verkleidet einen Junggesellenabend feiern und damit später auch noch bei den Hochzeitsgästen ankommen, wittert Fredrik eine neue sportliche Herausforderung. Um Blamagen zu umgehen, ist die Tochter als tougher Coach zur Stelle. Kurzerhand wird über lange Zeit der Hockeyschläger gegen das hautenge Badekostüm getauscht. Ziel soll die Teilnahme an der ersten männlichen Synchronschwimm-WM in Berlin seit 100 Jahren sein. Doch beim Kennenlernen ihrer zierlichen, schwerelosen bzw. femininen Seite tun sich so manche schwer. Stars: Jonas Inde kennt man vor allem aus dem schwedischen Fernsehen, wo er u.a. in zahlreichen Serien und TV-Produktionen mitwirkte. Mit «Allt Flyter» spielt er das erste Mal den Hauptpart in einer Komödie. Regie & Crew: Für das Drehbuch arbeitete Regisseur Måns Hengern («Adam & Eva», 1997) eng mit der Journalistin und Schwimmerin Jane Magnusson zusammen, die selbst ein Synchronschwimmteam leitet und auch die Darstellertruppe trainierte.
art-tv-Wertung: «Allt Flyter» besitzt den Charme von «Full Monty» (1997) und reiht sich mit ähnlichen Story-Mustern gleich in dieselbe Kategorie solcher Komödien ein. Für das männliche Schwimmteam um Fredrik ist es kein Leichtes, ein Schwimmbad zum Trainieren zu finden und schon gar nicht gegen eine scheinbar weiblich beherrschte Schwimmpolitik zu halten. Undenkbar, dass Synchronschwimmen bis 1891 ausschliesslich von Männern ausgeübt wurde und sich erst viel später als Damensport etablierte. Aus dem Nichts ein männliches Synchronschwimmteam auf die Beine zu stellen wird natürlich von bekannten Anfängerhürden begleitet. So müssen die Freunde zum einen ihre Selbstzweifel und die Angst, an Männlichkeit einzubüssen bewältigen, zum anderen gegen homophobe und fast schon diskriminierende Seitenhiebe ankämpfen. Ausgereifte Dialoge, in denen sich Sarkasmus und Reflektion über den Ernst des Lebens treffen, fallen jedoch nicht ins Wasser. Warum man nicht einfach eine normale Midlife-Crisis durchleben könne, fragt da z.B. die Ehefrau einen der angefressenen Neuschwimmer. Daneben spielt sich die familiäre Krise des Protagonisten Fredrik ab, der in der gestörten Vater-Tochter-Beziehung mit seiner jugendlichen Einstellung zum Amüsement des Zuschauers massgeblich den Kürzeren zieht. Die Hintergründe der anderen Leidensgenossen, deren lebhaftes Charakterpotential besser ausgeschöpft hätte werden können, werden leider nur oberflächlich tangiert. Fazit: Ein pitschnasses Vergnügen mit Feel-Good-Effekt, ohne dass die Maskulinität dabei baden geht.
Martina Felber