CH Kino | Xenix September 10
Das Xenix bietet eine Hommage an den chinesischen Schauspieler Tony Leung, und im Rahmen des Latino-Filmfestivals fällt der Fokus auf Kolumbien.
Programmvorschau September
Tony Leung – In the Mood for Love
In einer wunderbar witzigen, aber auch melancholischen Szene in «Chungking Express» spricht der von seiner Liebe verlassene Polizist 633 (Tony Leung Chiu-Wai) den Wohnungsgegenständen gut zu: Die einst mollige, aber heute ausgemergelte Seife soll ihr Selbstvertrauen zurückgewinnen, oder ein tropfender zerfetzter Stofflappen soll endlich aufhören zu weinen. Tony Leung hat immer wieder den verletzten Liebhaber und tragischen Helden gespielt: nicht nur in den Werken von Wong Kar-wai, Ang Lee, Hou Hsiao-hsien oder Tran Anh Hung, auch in den Martial-Arts-Epen von Zhang Yimou und Jeffrey Lau oder in den Mafia-Thrillern von John Woo und Alan Mak. Vielleicht unterscheiden sich seine Rollen in den Genrefilmen im Vergleich zu denjenigen in Autorenwerken einzig darin, dass Leungs betörende Virilität noch stärker zum Tragen kommt. In jedem Fall spiegeln sich aber die inneren Versehrtheiten
und unterdrückten Emotionen bereits in seinem sanften, vitalen Gesicht mit dem unvergleichlichen magischen Blick aus rehbraunen Augen. Er braucht seine Gefühle nicht erst in äussere Gegenstände zu projizieren.
Unsere Auswahl von vierzehn Werken mit dem asiatischen Superstar zeigt Tony Leungs einzigartiges Talent und seine magnetische Leinwandpräsenz: vom Hongkong-Action-Film bis hin zum melancholischen Liebesdrama. Besonders freuen wir uns, die Camp-Komödie «Chineese Odyssey» von Jeffrey Lau und Wong Kar-wais farbenprächtigen «Ashes of Time Redux» als PREMIEREN endlich in einem Schweizer Kino zu präsentieren. Das frühe Werk von Wong blieb wegen rechtlicher Probleme lange Zeit verschollen, bis es neu koloriert und neu vertont in Cannes wieder herauskam. Ebenfalls präsentieren wir John Woos epischen «Red Cliff» in seiner 286 Minuten langen Originalfassung in zwei Teilen, in der Woos Meisterschaft in Charakterisierung, Witz und Romantik erst richtig sichtbar wird.
Kolumbien – Zwischen Pazifik und Karibik
Nach Mexiko, Argentinien und Brasilien steht in unserem vierten Latino-Film-Festival im September Kolumbien im Fokus. Mit vielen Tipps von Freunden und Südamerika-Kennerinnen (vielen Dank!) haben wir ein Programm zusammengestellt, das die besten Filme vor und nach dem erfolgreichen neuen Filmgesetz vereint, das im Jahr 2003 eingeführt wurde. Diese Spielfilme geben einen Einblick in ein lebendiges Filmland mit einer erstaunlichen Vielfalt an eigenen Handschriften, Erzählformen und Schauplätzen. Eine wahre Entdeckung stellt für uns der Dichter und unabhängige Filmemacher Víctor Gaviria mit seiner neorealistisch inspirierten Medellín-Trilogie dar: In «Rodrigo D: No futuro» (1988), «La vendedora de rosas» (1998) und «Sumas y restas» (2004) heftet er sich an die Fersen seiner mit dem Leben ringenden Hauptfiguren Rosa, Rodrigo sowie Santiago und macht die gesellschaftliche Durchdringung von Drogen und Gewalt in jener Stadt sichtbar, in der Pablo Escobar in den Achtzigerjahren zum Drogenbaron aufstieg. Ebenfalls im urbanen Kontext (in Cali respektive in Bogotá) spielen die beiden abgründigen Thriller «Perro come perro» (2008) und «Satanás» (2007) sowie die tiefschwarz humorige Komödie «La gente Universal» (1991) über Liebe,
Seitensprung und Rachegefühle. Atemberaubende Landschaften Kolumbiens führen drei Spielfilme vor Augen, die seit ihrer Einladung nach Berlin und Cannes von Festival zu Festival reisen: «Los viajes del viento» (2009), «El vuelco de cangrejo» (2009) und «Retratos en un mar de mentiras» (2010). Ciro Guerra liess sich für seinen magischen Realismus in «Los viajes del viento» von denselben Landschaften im karibischen Teil Kolumbiens inspirieren wie Nobelpreisträger Gabriel García Márquez. Sind der rätselhafte Akkordeonspieler und sein junger Begleiter darin vor allem zu Fuss unterwegs, brettert die junge introvertierte Marina mit dem gesprächig-fröhlichen Cousin im eindringlichen Roadmovie Retratos en un mar de mentiras vor dem Hintergrund des Bürgerkriegs in einem knallroten Renault R4 in Richtung Karibikküste. Und da, wo sich Regenwald und Pazifik berühren, wartet Daniel in «El vuelco del
cangrejo» in einer afrokolumbianischen Dorfgemeinschaft auf ein Schiff, das ihn von dort fortbringen
wird.
Die Premiere: My Winnipeg von Guy Maddin – eine Meditation über Wahrheit, Erinnerung und Mythos
13.08.10 17:14
Seit einer ersten Werkschau im Jahr 1998 verfolgt das Kino Xenix das Filmschaffen des kanadischen
Wunderkindes Guy Maddin. Und so präsentieren wir nach The Saddest Music in the World und Brand Upon the Brain! auch sein neuestes Werk: My Winnipeg. Maddin liess sich von historischen, aber auch populären Mythen um Winnipeg sowie den persönlichen Erinnerungen eines Filmemachers an seine Heimatstadt zu einem weiteren surrealistisch hypnotisierenden Werk inspirieren. «My Winnipeg ist eine delirös konstruierte Provokation, skandalös, informativ und extrem unterhaltsam.» (Steve Gravestock).
Dokfilm am Sonntag PREMIERE 7915 KM – Auf den Spuren der Rallye nach Dakar
Nikolaus Geyrhalter (Unser täglich Brot) folgt in seinem Dokfilm den Spuren der Rallye von 2007 und entdeckt entlang der 7915 Kilometer langen Rennstrecke die dort lebenden Menschen mit ihren Geschichten, ihrem Alltag, ihren Freuden und ihren Hoffnungen. Der Film macht die Verknüpfungen einer globalisierten Welt spürbar und stellt die Undurchlässigkeit der Grenzen infrage – jener Grenzen, die Afrika aufgezwungen wurden, und jener, die Europa heute immer stärker verteidigt. Eine Hommage an Menschlichkeit.
Doppeltes Kinderkino am Mittwoch
Wir starten nach der Sommerpause gleich mit zwei verschiedenen Kinderprogrammen: mit dem letzten Findus- Kinospielfilm «Kuddelmuddel bei Petterson & Findus» und einem Fantoche-Best-of «Kurze für Kleine». Im neuesten Findus-Kinofilm hat der kleine Kater nach den herzerwärmenden Kinderbüchern von Sven Nordquist gleich mehrere Abenteuer zu bestehen. So versucht er sich als Erwachsener oder hilft mit seinen Erzählungen die Erinnerung von Petterson zurückzuholen. Die achte Ausgabe des internationalen Festivals für Animationsfilm Fantoche (7. – 12. September 2010) zeigt neben Programmen mit Filmen für Erwachsene seit fünf Jahren auch Kurze für Kleine. Neben dem Preisträger der Kinderjury vereint das Best-of-Programm die lustigsten, spannendsten und fantasievollsten Animationsfilme aus den am Festival präsentierten Programmen «Neue Filme für Kinder».