Kino | Octubre
Lakonisch und humorvoll erzählt «Octubre» von zwei Menschen, die ein Wunder zum Glück zwingt.
Synopsis: Im Leben des verschlossenen Pfandleihers Clemente (Bruno Odar) hat alles seine genaue Ordnung. Tagein, tagaus kommen Leute aus dem Viertel zu ihm und bitten ihn um Geld, kleine Beträge nur, die er sorgsam in sein Buch einträgt und für die er sich von seinen Kunden entsprechende Sicherheiten geben lässt. Diese schöne Ordnung des Gebens und Nehmens gerät eines Tages aus dem Gleichgewicht, als Clemente ein Baby in seiner Wohnung findet – die Konsequenz seiner Besuche bei der Prostituierten Cajamarquina. Völlig überfordert bittet er seine Nachbarin Sofia (Gabriela Velasquez) um Hilfe. Sofia hat schon lange ein Auge auf Clemente geworfen und willigt noch so gern ein, bei ihm einzuziehen und sich um sein Baby zu kümmern, während Clemente sich auf die Suche nach der Mutter des Kindes macht. Doch Sofia betet auch jeden Tag zum Gott der Wunder und wartet auf ein Zeichen der Zuneigung von Clemente. Kuzerhand quartiert sie auch noch ihren Bekannten Don Fico und dessen Frau in Clementes Wohnung ein. Mit seinem Patchwork-Haushalt konfrontiert, begreift Clemente langsam, dass man manchmal etwas bekommt, ohne es verdient zu haben. Stars: Bruno Odar als stoischer Pfandleiher! Regie & Crew: Die Karriere der Brüder Daniel und Diego Vega als Filmregisseure begann 2008 mit dem mehrfach prämierten Kurzfilm «Inside Down Basement». Ihr Debütfilm «Octubre» ist seit 1994 der erste peruanische Film, der ans Filmfestival Cannes eingeladen wurde. Er gewann prompt den Preis der Jury in der Reihe «Un certain Regard».
art-tv-Wertung: Erzählt wird diese Geschichte ohne viele Worte vor allem durch die Bilder und ihre Symmetrie in jeder Einstellung. Gänzlich im Einklang steht dazu anfänglich die still funktionierende Ordnung von Clemente: Ökonomische Tauschverhältnisse sind für ihn der einzige Modus sozialer Interaktion. Umso hilfloser sieht er sich deshalb dem unverhofften Babysegen gegenüber. Dass seine bisherigen Lebensprinzipien für eine vermeintliche Sicherheit den Ereignisse nun nicht mehr standhalten, vermag auch seine stoische Ignoranz der ganzen Situation nicht zu ändern. Während der ordnende Bilderrahmen beibehalten wird, gerät die Welt für Clemente nun zunehmend aus dem Lot. Der dadurch entstehende Kontrast zwischen formalem Prinzip und Kontrollverlust des Protagonisten, schafft auf subtile Weise Raum für Entstehung absurder Momente, an deren sich die Geschichte voranspinnt. Trostlosigkeit und schwarzer Humor verbinden sich dabei auf so sanfte Art und Weise, dass man diesen Film einfach lieben muss. Fazit: «Octubre» ist sanfte Komödie und Filmkunst, die ans Herz geht.
Isabel Bures