Kino | Die kommenden Tage
Wie geht es eigentlich weiter, was bringen die kommenden Tage für unsere westliche Zivilisation? Diese Frage hat sich «Die kommenden Tage» gestellt; und auch, in wiefern der Mensch ein Anrecht auf Glück hat.
Synopsis: Es ist etwa das Jahr 2012. Die beiden Schwestern Cecilia (Johanna Wokalek) und Laura (Bernadette Heerwagen) kommen aus einer wohlhabenden deutschen Anwaltsfamilie. Beide suchen ihren Weg zum Glück, doch die Zeiten sind unruhig. Cecilia wird durch ihre Liebe zu Konstantin (August Diehl) immer weiter in terroristische Aktivitäten miteinbezogen und Laura stehen viele Hindernisse zur glücklichen Familie im Weg. Mit zunehmenden politischen Konflikten und dem beginnenden Zerfall der heutbekannten westlichen Zvilisation zerfällt auch die Familie der beiden Schwestern. Stars: Mit Daniel Brühl («Inglorious Basterds» 2009), Johanna Wokalek («Die Päpstin» 2008), August Diehl («Die Buddenbrooks» 2007) und dem Jungtalent Bernadette Heerwagen («Baching» 2007) wartet der Film mit einer tollen Besetzung auf, die elektrisiert. Regie & Crew: Der experimentierfreudige, deutsche Regisseur Lars Kraume («Keine Lieder über Liebe» 2005) bringt mit «Die kommenden Tage» in eigener Mitproduktion (Badlands Film) einen spannenden Film, der in die Zukunft blickt.
art-tv-Wertung: Ein neuer Apokalypse-Film, aber nach deutscher Machart! Dabei tut sich der Regisseur gut, daraus keinen Actionfilm zu machen. Es geht im Ganzen viel mehr um die Menschen, ihre Sehnsüchte und Ängste. Ausserdem kommt hier eine gewaltige historische Kraft dazu – ein Augenblick des Kollapses gewohnter Ordnung und der Wandlung. Menschen sind anpassungsfähig, aber sie sind auch Gewohnheitstiere, deshalb kommen tiefgreifende Veränderungen oft überraschend brutal daher; denn das scheint die einzige Weise, die die Menschen bereit sind wahrzunehmen. «Die kommenden Tage» zeigt mehrere Bewusstseinsprozesse auf: wie wichtig der Zusammenhalt in der Familie ist, dass Klarheit und Konsequenz im Leben oft nicht umsetzbar sind, dass Schwierigkeiten zu einer Liebesbeziehung gehören und dass wir zu guter Letzt alle auf uns selbst und unsere Liebsten gestellt sind. Die Geschichte entwickelt sich abendfüllend, aber mit grossartiger Besetzung, spannend inszeniert und gespielt. Fazit: Wer keine Angst hat, sich selbst und seine Wertvorstellungen zu hinterfragen, den erwartet mit «Die kommenden Tage» feinstes deutsches Kino und ein gewagter Blick in die nahe Zukunft.
Isabel Rohr